Arbeitstreffen Armut: Fragen, Ergebnisse und Forderungen

Die Ungleichheit in der Bundesrepublik ist weiter gewachsen. Pandemie, Inflation, Explosion der Energiepreise – alle Krisen haben dazu beigetragen, die Reichen reicher zu machen und mehr Menschen in die Armut zu treiben. Was genau bedeutet das für Bochum? Mit welchen Maßnahmen kann die Situation der Menschen verbessert werden?

Diese Fragen wurden in der Konferenz „Arbeitstreffen Armut“ am 28. Januar 2023 bearbeitet. Das Input-Referat hielt Dr. David H. Gehne, Geschäftsführer vom Zentrum für interdisziplinäre Regionalforschung (ZEFIR), Ruhr-Universität Bochum. Hier dokumentieren wir seinen Vortrag. Sechs Arbeitsgruppen entwickelten möglichst konkrete Forderungen an die Stadt, die im nächsten Schritt mit Stadt und Öffentlichkeit am Donnerstag, den 23. März, diskutiert werden.

Arbeitsgruppe 1:
Armut von Kindern, Jugendlichen und Familien

Armut von Kindern und Jugendlichen ist die Armut von Familien. Das Familieneinkommen reicht nicht aus, um jungen Menschen ein gutes Aufwachsen zu ermöglichen. Im öffentlichen Diskurs wird meistens über Kinderarmut gesprochen. Die Armut von Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 18 Jahren und von jungen Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 25 Jahren bleibt dagegen oftmals ausgeblendet. Dabei gehören sie mit einem Anteil von ca. 25% zu den am stärksten von Armut betroffen Altersgruppen. Armut in der Jugendphase wird als besonders belastend und demütigend empfunden. Von Armut betroffene junge Menschen sind von vielen sozialen Aktivitäten ausgeschlossen, können sich eine ausreichende digitale Ausstattung nicht leisten, haben häufig schlechtere Schulabschlüsse und größere Schwierigkeiten einen guten Ausbildungs- oder Arbeitsplatz zu finden.
Im Workshop sollen Konzepte diskutiert werden, die Familien wirksam entlasten. Für Kinder und Jugendliche sollen Angebote benannt werden, die eine erfolgreiche Bildungsbiografie ermöglichen und die eine soziale Ausgrenzung verhindern.

Wie ist die aktuelle Lage in Bochum?
Mindestens 25 % der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen wachsen in Familien auf, die von Transferleistungen abhängig sind. Sie leben in beengten Wohnverhältnissen, haben schlechtere Bildungschancen, sind stärker sozial ausgegrenzt und kommen oftmals hungrig in die Einrichtungen (Kita, Schule, OGS und KFJH).

Was ist notwendig, um die Situation zu ändern?
Die Armut von Familien und jungen Erwachsenen kann mit einer zeitnahen Einführung einer gut ausgestatteten Kindergrundsicherung beseitigt werden. Kommunale Maßnahmen alleine reichen zur Armutsbekämpfung nicht aus. Zusätzlich müssen Land und Kommunen Projekte, die Menschen in prekären Lebenslagen unterstützen, verstetigen und in eine Regelförderung überführen und die Lernmittelfreiheit für alle Schulformen einführen.

Was kann die Stadt Bochum machen?
Die Einrichtungen für Kinder und Jugendliche müssen besser ausgestattet werden, damit sie kostenloses und gesundes Mittagessen anbieten und schwächere Schüler_innen wirksamer fördern können.
Da das Angebot von Jugendfreizeiten den Bedarf nicht mehr deckt, sollten zusätzliche Jugendreisen organisiert werden. Um dies zu ermöglichen, müssen die Bedingungen für ehrenamtliches Engagement verbessert werden. Nach dem Thüringer Vorbild sollten auch wieder kostenfreie Erholungsmaßnahmen für bedürftige Familien angeboten werden.
Um Bedarfe von Kindern, Jugendlichen und Familien besser erkennen zu können, sollten die Sozialräume kleinräumlich betrachtet werden.

Arbeitsgruppe 2:
Gutes Wohnen in Bochum

Seit einigen Jahren gilt auch der Bochumer Wohnungsmarkt als angespannt. Die Ursachen dafür sind vielfältig; der Trend zu Singlehaushalten, durch Zuzug steigende Bevölkerungszahl zwischen 2013 und 2018 sowie nicht ausreichende kommunale Maßnahmen für bezahlbaren Wohnraum im Bestand.
Das „Handlungskonzept Wohnen“, das der Rat der Stadt Ende 2017 verabschiedet hat, reagierte darauf vor allem mit der Maxime „bauen, bauen, bauen“. 800 Wohnungen sollten jedes Jahr neu entstehen, davon 200 öffentlich gefördert. Das hat nicht geklappt. Die angestrebten Zahlen wurden nicht annähernd erreicht, was insbesonders für Sozialwohnungen gilt.
In diesem Jahr soll das Handlungskonzept aktualisiert werden. Dieser Workshop stellt die Situation auf dem Wohnungsmarkt vor und behandelt die Entwicklung von Alternativen zur Neubau-Doktrin.

Wie ist die aktuelle Lage in Bochum?
Die Mietbelastung (Anteil der Miete am Einkommen) der Kaltmieten steigt seit Jahren. Die Hans-Böckler-Stiftung hat vor zwei Jahren eine Belastung von über 30 % bei der Hälfte der Bochumer Mieter:innen festgestellt. Die Anzahl der Sozialwohnungen fällt kontinuierlich. Angebotsmieten liegen selber bei nicht modernisierten Wohnungen aus den 50 Jahren inzwischen häufig bei über 8 €/m². Manche Mieter:innen akzeptieren mangels bezahlbarer Alternativen die Anmietung von Wohnungen mit massiven Instandhaltungsstau (wie z.B. Feuchtigkeit und Schimmel)
Der jüngste erschienene Wohnungsmarktbericht der Stadt fasst zusammen:
„Angesichts steigender Bedarfe, zunehmender Nebenkostenbelastungen und rückläufiger Bestände bestätigt sich einmal mehr der Handlungsbedarf im Segment des geförderten Mietwohnungsbaus“
Nun kommt dazu noch der Anstieg der Betriebskosten (Strom, Gas…).

Was ist notwendig, um die Situation zu ändern?
Eigentlich ist es sehr einfach, es braucht mehr bezahlbare und bewohnbare Wohnungen. Dies gelingt durch einen Stopp der Mietpreissteigerung, dem Erhalt von Wohnungen und die Stärkung gemeinwohlorientierter Vermieter. Neubau war dafür schon vor der Kostenexplosion keine Hilfe, weil Neubauwohnungen mindestens 50 % (bis zu 200 %) über dem Mietspiegel liegen.

Was kann die Stadt Bochum machen?
Der Schwerpunkt der Wohnungspolitik (im neuen Handlungskonzept Wohnen) muss zukünftig im Bestand liegen:

  • Wohnraumschutzsatzung, die Umwandlung in Büros, Ferienwohnung, Leerstand und Abriss genehmigungspflichtig macht
  • Wohnungsaufsicht gegen Problemimmobilien / Schrottimmobilien stärken; es braucht wie z.B. in Dortmund ein systematisches Vorgehen, damit Wohnungen bewohnbar bleiben; Druck aber auch Hilfen für überforderte Vermieter
  • Stärkung der kommunalen VBW; Ermöglichungen von Zukäufen von überforderten Vermietern, Offensive für energetische Sanierung, Verlängerung von Sozialbindung durch die Abschaffung der bisherigen Gewinnabgabe an die Stadt und das fragwürdige Unternehmen Vonovia, die 20 % der Anteile hält (bisher rund 3 Mio Euro Abgabe jährlich).

Arbeitsgruppe 3:
Arm trotz Arbeit

Trotz steigenden Zahlen bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten gibt es in Bochum eine verstetigte Langzeitarbeitslosigkeit. Die Fragen, die sich stellen, sind vielfältig: Wie kommen diese Personen wieder aus der Falle heraus? Was hilft hier vor Ort? Der soziale Arbeitsmarkt kann ein Instrument sein. Doch was soll und kann die Kommune sonst noch tun? Ist eine Arbeitsmarktoffensive in Bochum nötig? Und wenn ja, wie soll sie vonstatten gehen. Auf der Sozialkonferenz 2019 wurden einige Ansätze diskutiert, wie steht es damit? Diese Fragen werden wir besprechen, auch unter dem Aspekt des neuen Bürgergeldes.

Wie ist die aktuelle Situation?
Trotz steigender Zahlen von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (innerhalb von drei Jahren um 8 Tsd. Personen auf über 144 Tsd.) haben wir eine verstetigte Zahl an Langzeitarbeitslosen (im SGBII Bereich von über 12. Tsd. Personen). Davon sind viele Personen mit Migrationshintergrund und ohne Ausbildung bzw. Schulabschluss. Ebenso gibt es in Bochum etwa 66Tsd. Beschäftigte in Minijobs oder mit einer Bezahlung nur zum Mindestlohn.

Was ist notwendig, um die Situation zu ändern?
Eine aktive Arbeitsmarkpolitik der öffentlichen Hand. Gezielte Maßnahmen um diesen Personenkreis wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren.

Was kann die Stadt Bochum machen?
Ausgehend von der Sozialkonferenz in 2019 die Erarbeitung einer kommunalen Arbeitsmarktstrategie für Bochum. Insbesondere die Koppelung der Vergabe von öffentlichen Aufträgen an soziale Standards (Tarifbindung, Ausbildungsbetrieb, kein Einsatz von Leiharbeitnehmern, …). Vernetzung aller Akteure in diesem Bereich (Träger, AA, JC, Kammern, AGV, Gewerkschaften, …).

Arbeitsgruppe 4:
Armut und Migration

Noch immer ist das Armutsrisiko für Menschen mit Migrationshintergrund mehr als doppelt so hoch wie für Menschen ohne entsprechenden Migrationsbezug. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Neben einer ungleichen Verteilung von demografischen Risikofaktoren wie Alter, Geschlecht und Haushaltsformen, sind auch Berufsausbildung und gesundheitliche Faktoren wesentliche Risiken. Weitere Kriterien wie das Alter bei der Einwanderung, Aufenthaltsdauer, Aufenthaltsstatus oder Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit sind entscheidend für ein erhöhtes Armutsrisiko. Insbesondere die strukturelle Diskriminierung durch behördliche Hürden und Verzögerungen, führen nicht selten zur Existenzbedrohung der Betroffenen. In unserem Workshop möchten wir gemeinsam mit euch über mögliche Strategien und Konzepte diskutieren, wie wir Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund besser unterstützen sowie Empowerment der Betroffenen fördern können.

Wie ist die aktuelle Lage in Bochum?
Das Armutsrisiko für Menschen mit Migrationshintergrund ist mehr als doppelt so hoch wie für Menschen ohne Migrationsbezug. Es fehlt weiterhin an KITA-Plätzen und Kinderbetreuungseinrichtungen, passgenauen Sprachkurs- und Weiterbildungsangeboten für Frauen (mit Kinderbetreuung), Unterstützungsangeboten zur Teilhabe und Talentförderung ab Grundschule bis zum Studium bzw. Ausbildung. Lange Wartezeiten im Prozessmanagement der Lebenssicherung, bei der Berufsanerkennung, Einbürgerung und Wohnungsfindung, sowie unzureichende Aufklärung zum Verbraucherschutz führen für Migrant*innen oftmals in die Armut.
Strukturelle und gesellschaftliche Diskriminierung in allen Lebensbereichen erschweren nicht nur das „ankommen“ in Bochum, sondern verhindern eine gleichberechtigte Teilhabe jenseits der Armutsgrenze.

Was ist notwendig, um die Situation zu ändern?
Benötigt wird ein Ausbau von Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen/Angebote für Migrantinnen mit Kinderbetreuung und schnellere Bearbeitung zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse sowie zur Einbürgerung.
Dringend notwendig wäre eine Antidiskriminierungsstelle und die konsequente Umsetzung des AGG in Ämtern, auf Wohnungsmarkt, Privatwirtschaft, im Gesundheits- und Bildungswesen, bei Polizei und Justiz (u.a. durch qualifizierte Schulungen und erarbeitete Kriterienkataloge) Mehr Teilhabe und Förderung für Kinder und Jugendliche durch Umsetzung des Anspruchs auf einen Kitaplatz, über mehr kostenlose, diskriminierungsfreie Förderung an Schulen bis hin zur passgenauen Ermöglichung und Unterstützung bei Studium/Ausbildung. Auch der Ausbau von niedrigschwelligen Angeboten des Verbraucherschutzes und der Schuldnerberatung für die Zielgruppe sind notwendig.

Was kann die Stadt Bochum machen?

  1. Umbau der Ausländerbehörde zu einer Bürgerservicestelle analog zum Bürgerbüro mit Online-Terminvergabe, ausreichend Personal, schnelleren Bearbeitungszeiten sowie der Ausnutzung kommunaler Spielräume bei Ausländerrechtlichen Fragestellungen
  2. Kommunale Förderung einer unabhängigen Antidiskriminierungsstelle und konsequente Umsetzung des AGG in der kommunalen Verwaltung
  3. Durchführung eines regelmäßigen, wissenschaftlichen Monitorings zur kleinräumigen Bedarfsanalyse und Ableitung von Handlungsempfehlungen-„Ungleichem-ungleich begegnen“

Arbeitsgruppe 5:
Schule/Bildung

Armut bedeutet in Deutschland auch Bildungsarmut. Die Vielschichtigkeit von prekären Lebenssituationen hat Auswirkungen auf unterschiedlichen Ebenen. So sind die Kinder häufig gesundheitlich benachteiligt, werden sozial ausgegrenzt, haben schlechtere Bildungschancen und somit eine schlechtere Lebensqualität. In Nordrhein-Westfalen mussten 5,4 Prozent der Schulabgänger des Jahres 2020 die Schule ohne Abschluss verlassen. Generell bestimmt in kaum einem anderen Land die soziale Lage der Betroffenen so sehr die Bildungsbeteiligung und Bildungschancen wie in Deutschland (s. wiederholte PISA-Ergebnisse). In allen Bereichen, der frühkindlichen Bildung, in der Aus- und Weiterbildung sowie im Hochschulbereich hat Armut in einem reichen Land bittere Folgen. – Wie müssen gemeinsame Forderungen von Lernenden und Lehrenden aussehen, um diesen Teufelskreis aufzubrechen?

Wie ist die aktuelle Lage in Bochum?
Die gesellschaftliche Segregation spiegelt sich in Bochum, wie an auch an anderen auch im Bildungssystem wider. Die Versorgung mit gut ausgebildeten Lehrer*innen ist an Gesamt-, Sekundar- und vor allem Förderschulen schlechter als an den Gymnasien. Es kommt hinzu, dass die räumliche und die Ausstattung mit fachspezifischen Materialien an diesen Schulen in der Regel schlechter ist. Zur räumlichen Ausstattung gehören auch außerunterrichtliche Orte, wie Schulhöfe und Turnhallen und vor allem die Sanitäranlagen. Diese Benachteiligung betrifft besonders die Schulen des gemeinsamen Lernens. Diese Segregation lässt sich besonders deutlich im Grundschulbereich ablesen. In den benachteiligten Stadtteilen, wie Hamme, Wattenscheid und Stahlhausen ist die Situation besonders schlecht. Dass das Bildungs- und Teilhabe Packet nicht ausreicht, zeigt das Thema Klassenfahrt. (1)
Diese Tatsachen sind zu Genüge erforscht und bekannt.

(1) Oft liegen die Kosten für Klassenfahrten über dem Regelsatz des Bildungs- und Teilhabe Paketes. Die Folge ist, dass viele Schülerinnen nicht an den Klassenfahrten teilnehmen. Für Familien mit sehr geringem Einkommen, die nicht förderungsberechtigt sind, sind das hohe Kosten. Auch der Hinweis, dass fehlende Kosten vom Förderverein bezahlt werden können, ist oft schambelastet, wenn es überhaupt einen Förderverein gibt, der über ein entsprechend hohes Budget verfügt. Das führt dazu, dass viele Klassenfahrten auf für einzelne Schülerinnen ausfallen oder besonders betroffene Klassen ganz auf diese verzichten.

Was ist notwendig, um die Situation zu ändern?
Besonders Schulen, an denen benachteiligte Kinder und Jugendliche zur Schule gehen müssen besser versorgt werden, dazu gehört nicht nur eine bessere Versorgung mit Lehrkräften. Es braucht ausgebildete Schulverwaltungsangestellte, IT Fachkräfte, Sonderpädagoginnen, um eine angemessene Bildungssituation herzustellen. Weitere Schulsozialarbeiterinnen für einen Ausbau der multiprofessionellen Teams sind dringend nötig. Um eine gute Bildung zu gewährleisten, muss auch der Ganztag gewährleistet sein. Die räumliche Situation muss den Bedarfen angepasst werden. Das gilt nicht nur für Fachräume, sondern auch für die Aufenthaltsräume im Ganztag. Besonders die Alleinerziehenden und berufstätigen Eltern sind auf einen funktionierenden Ganztag angewiesen. Fördervereine dürfen fehlende Ressourcen nicht ersetzen, denn diese sind an Schulen mit Schüler*innen aus benachteiligten Familien besonders schwach.

Was kann die Stadt Bochum machen?
Ungleiches Ungleich behandeln
Die Stadt Bochum muss das Schulbudget nach Bedarf verteilen. Schulen, an denen benachteiligte Schüler*innen unterrichtet werden, brauchen deutlich mehr Ressourcen. Besonders an diesen Schulen muss die personelle und räumliche Ausstattung gesichert sein. Außerunterrichtliche Aktionen, wie beispielsweise Klassenfahrten müssen gewährleistet werden und dürfen nicht von Fördervereinen abhängen.

Integration und Inklusion ernst nehmen
Die Stadt Bochum muss die Bildung für alle Schülerinnen sicherstellen. Das bedeutet, dass die Sprachförderung besonders für die neu zugewanderten Schülerinnen gesichert werden muss. Der Unterricht an den Förderschulen muss ebenso gesichert werden, wie an den übrigen Schulen. Das bedeutet, die Raumsituation sowie die personelle Ausstattung muss dort besonders in den Blick genommen werden.

Ganztagsangebot sichern
Die Stadt Bochum muss weiterhin, das außerunterrichtliche Angebot besonders fördern. Ein echter Ganztag mit gut ausgebildetem Personal, guter räumlicher Ausstattung und einem AG Bereich, der das unterrichtliche Angebot bereichert. Dazu gehört ein gesundes und günstiges Mittagessen. Der Ausbau von Familienzentren kann diesen Schritt produktiv begleiten.

Die Forderungen an die Stadt Bochum beschränken sich nicht nur auf die weiterführenden Schulen. Um ernstgemeinte Bildungsgerechtigkeit zu schaffen, müssen diese Anstrengungen auch auf den Kita Bereich ausgeweitet werden.

Arbeitsgruppe 6:
Altersarmut

Aus dem Sozialbericht 2021 der Stadt Bochum: „Im Zeitraum von 2005 bis 2019 stieg die Armutsgefährdungsquote von Frauen im Alter von 65 Jahren und mehr von knapp 12 % auf gut 17 %, die Quote von gleichaltrigen Männern von knapp 8 % auf gut 13 %. Während am 31.12.2017 noch 1.417 Männer (4,2 % aller über 65-jährigen Männer) Grundsicherung im Alter bezogen, waren es im Jahr 2020 bereits 1.588 Männer dieser Altersgruppe (4,6 % aller über 65-jährigen Männer). ….. Ehemalige Arbeiterinnen und Arbeiter weisen die geringsten Altersbezüge auf, die der Arbeiterinnen sind mit 984 Euro sogar so gering, dass sie mit diesem Betrag unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle liegen.“
Kontinuierlich kehrt die Altersarmut zurück. Die Hauptursachen liegen in fragmentierten Erwerbsbiographien und atypischen Beschäftigungsverhältnissen.
In den Kommunen ist es „bislang nicht üblich ist, die wachsende Altersarmut zu einem gesonderten Handlungsfeld zu machen“, stellt das Institut „Difu“ 2020 fest. Die Analyse in drei Fallstudienstädten zeigt zentrale Handlungsbereiche, um auf die zunehmenden Notlagen zu reagieren: Wohnen und Wohnumfeld, Mobilität, soziale Infrastruktur sowie gesellschaftliche Teilhabe. „Wichtig ist es, Altersarmut in Kommunen offen und unterstützt durch die Stadtspitze zu thematisieren.“
Dazu wollen wir in unserem Workshop konstruktiv beitragen.

Wie ist die aktuelle Lage in Bochum?
Kontinuierlich kehrt die Altersarmut zurück. Die Hauptursachen liegen in fragmentierten Erwerbsbiographien und atypischen Beschäftigungsverhältnissen sowie in Änderungen von rentenrelevanten Gesetzen.
Im Zeitraum von 2005 bis 2019 stieg die Armutsgefährdungsquote von Frauen im Alter von 65 Jahren und mehr von knapp 12 % auf gut 17 %, die Quote von gleichaltrigen Männern von knapp 8 % auf gut 13 %.
Älteren Menschen, besonders vielen alleinstehenden Rentnerinnen, fehlt eine hinreichende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Neben der finanziellen Armut stellt die Vereinsamung von Senioren ein besonderes Problem dar.

Was ist notwendig, um die Situation zu ändern?
Einigen Verbesserungen am Rentensystem in den letzten Jahren müssen weitere folgen. Die „Haltelinie“ zur Stabilisierung des Rentenniveaus muss über 2025 hinaus verlängert und zudem auf ein höheres Niveau als 48 % gebracht werden. Die Einführung einer Mindestrente bzw. einer echten Grundrente wird von vielen Seniorenorganisationen gefordert.
Löhne und Gehälter müssen zu einer existenzsichernden Altersversorgung führen. Die Politik muss alle Möglichkeiten nutzen, um Einfluss auf ihre ausreichende Höhe zu nehmen (öffentliche Aufträge bei Tarifbindung, Mindestlohn, gleicher Lohn für gleiche Arbeit).
Altersarmut muss stärker zum politischen Thema gemacht werden; sie ist aus der Tabu-Ecke zu holen!

Was kann die Stadt Bochum machen?
Im Hinblick auf Altersarmut haben die Kommunen auf vielen Politikfeldern keine originäre Zuständigkeit. Sie können Altersarmut nicht ursachenadäquat bekämpfen. Aber sie müssen handeln, um altersarmen Mitbürger*innen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu verschaffen.
Dieses betrifft besonders die Bereiche Wohnen, Soziales/Mobilität, Teilhabe, Gesundheit/Pflege.

Es muss ausreichender Wohnraum für ältere Menschen geschaffen werden; er sollte altersgerecht, kostengünstig, ggf. generationsübergreifend und so belegen sein, dass die Nutzer in ihrem Wohnumfeld verbleiben können.
Armen Senioren sollte ein besonders günstiges ÖPNV-Ticket angeboten werden, auch ohne Abo und als Wochen- oder Tagesticket.
Den Maßnahmen gegen eine Vereinsamung von Älteren und für ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist ein besonderes Augenmerk zu widmen. Die Seniorenbüros spielen dabei eine wichtige Rolle; eine Personalaufstockung erscheint überlegenswert.